Er ist absolut einmalig auf der Welt und so Britisch wie die Queen, Breakfast Tea und Linksverkehr: Der „Shipping Forecast“ der BBC. Seit 150 Jahren informiert das „Met Office“ Seefahrer Tag für Tag über das aktuelle und bevorstehende Seewetter in allen Seegebieten rund um die Britischen Inseln. Aber die Sendung, die viermal am Tag auf BBC Radio 4 auf Langwelle ausgestrahlt wird, ist noch viel mehr.
Informativ und emotional: Der Shipping Forecast der BBC ist für einige Engländer ein „nationaler Schatz“. Für viele, auch an Land, ist es ein allnächtliches Ritual, den Shipping Forecast um kurz nach Mitternacht zu hören. Manchmal höre ich ihn auch, wenn ich, vom Fernweh gepackt, mich an Bord eines Segelschiffes irgendwo weit weg träume. In den sechs oder sieben Jahren, in denen ich als vagabundierender Liveaboard auf verschiedenen Yachten unterwegs war, hörte ich natürlich immer den Shipping Forecast. Jedenfalls in den Gewässern, in denen ich ohnehin am liebsten unterwegs bin, entlang der „Keltischen Kante“ des Atlantiks, zwischen Schottland im Norden und dem südlichen Portugal. Die Stationsmeldungen und Vorhersagen des Shipping Forcast sind in 31 Seegebiete aufgeteilt, die ein gigantisches Stück Atlantik und die komplette Nordsee abdecken; von Island bis Nordafrika und hinein bis in die Deutsche Bucht.
Das britische „Met Office“ meint, dass dies der älteste, kontinuierlich veröffentlichte Wetterbericht der Welt sei. Ursprünglich wurde der Shipping Forecast in der Tagespresse gedruckt und per Telegrafie an die Schiffe weitergeleitet. 1921 gab es die ersten Ausstrahlungen im Radio, der BBC sendete den Shipping Forecast ab 1925. Seither wird er jeden Tag viermal auf Langwelle gesendet (BBC 4, um 0048, 0520, 1201 und 1754 Uhr). Und seit 1925 fiel der Shipping Forecast nur ein einziges Mal aus – am Freitag, den 30. Mai 2014 passierte das Undenkbare. Die Moderatoren im Broadcasting House des BBC lasen den Bericht zwar vor, aber er wurde nicht gesendet. Die Hörer empfingen stattdessen den BBC World Service.
Es ist das wunderbar melancholische Musikstück „Sailing by“, das, direkt vor dem Forecast gesendet, den Hörern signalisiert, dass sie zur rechten Zeit die richtige Frequenz gewählt haben. Auch in Zeiten von Satellit und GSM, Internet und Handy hören immer noch viele Seefahrer den Shipping Forecast auf Langwelle.
Langwelle statt Langeweile: Ich kann den Shipping Forecast nur empfehlen, als gutes Mittel gegen zu starke See-sucht. Und unterwegs ist er immer noch eine der zuverlässigsten Quellen für Wetterinfos: Der „Shipping Forecast“ hat bei seinen Vorhersagen eine Trefferquote von 93 Prozent.